Am Anfang war das Dao.
Alle Dinge entspringen ihm;
alle Dinge kehren zu ihm zurück.
Willst du den Ursprung finden,
dann verfolge die Spur der Erscheinungen.
Wenn du die Kinder erkennst,
und die Mutter findest,
wirst du frei sein von Leid.
Verstopfst du deinen Geist mit Beurteilungen
und treibst du Handel mit Begierden,
wird dein Herz voll quälender Unruhe sein.
Hälst du deinen Geist vom Beurteilen ab
und lässt du dich nicht von den Sinnen leiten,
wird dein Herz Frieden erlangen.
Dem Dunkel auf den Grund zu gehen
bedeutet Klarheit.
Nachgeben können bedeutet Stärke.
Benutze dein eigenes Licht
und kehre zur Klarheit zurück.
Das nennt man: die Ewigkeit einüben.
Tao Te King, Vers 52
nach einer Version von Isolde Schwarz
Nach meiner inneren Zeit und von der Reise in die ewig-weisen Berge habe ich Vieles mitgebracht, darunter Bilder, Worte und das Gefühl, unendlich inspiriert zu sein. Der Klang der Stille, die wundervolle Natur und zutiefst menschliche Begegnungen haben mein Herz berührt. Staunend blicke ich auf dieses unendlich kostbare Leben – was für ein Geschenk!
Zen Liebe
Verweile,
raunt der Stein.
Wachse,
flötet die Kiefer.
Das ewige Spiel.
Paradox Gefroren.
Und doch höre ich
das klare Wasser fließen,
sich betörend
am eigenen Rauschen.
Was ist wahr?
Zwei Zwei
oder eins,
vergänglich
oder doch –
ewig
Nun geht es weiter.
Und weiterhin möchte ich es so halten:
Jeden Morgen begebe ich mich auf eine neue Reise und entdecke Unbekanntes im Vertrauten. Nichts ist „Alltag”, denn ich lebe jeden Moment zum ersten Mal. Ich begegne allen Menschen so, als kenne ich sie gar nicht und lasse mich immer aufs Neue verwundern über die Vielfalt des Seins. Ich staune, sehe mit offenen Augen, entdecke neue Wege, Haustüren, Cafes. Lausche. Höre und bin ganz da, wo ich bin. Mein Leib, das Tor zum Jetzt. Ich kehre ein, wo ich noch nie war. Spreche zu Menschen, frage nach dem Weg, nach dem Befinden, sage etwas Nettes. Lache aus tiefem Bauch heraus, schallend. Begebe mich ins Ungewisse, früh morgens, spät abends. Gehe an Orte, wo ich noch nie war. Setze mich zu Fremden an den Tisch. Vielleicht beginnen wir ein Gespräch. Ich lasse mich überraschen vom Augen-Blick und überrasche mich selbst. Rufe den Mut, bin dankbar und voller Freude. Und: Nichts ist wie gestern. Auch ich nicht.
In diesem Sinne wünsche ich Dir eine gute Reise und ein frohes, glückseliges Neues Jahr! Möge es in all‘ Deinen Lieblingsfarben erstrahlen!
Meine Sommerferien habe ich in Österreich verbracht. Ich hatte Sehnsucht nach Bergen, Wäldern und Wandern. Also: Rucksack geschnappt, Wanderschuhe übergestreift und auf ins Mühlviertel. Gaaanz wichtig: Ein paar Tage völlig abtauchen, allein sein und draußen schlafen. Da hingehen, wo ich noch nie war. Erleben, was passiert. Was flüstern dort die Bäume in der Nacht?
Meine Reise beginnt bei einer tausendjährigen Eibe.
Die Eibe – Symbol für Unsterblichkeit und Tod, für Zauber und den Schutz vor Zauber. In Italien der Göttin Hekate geweiht, der Unterweltsgöttin die auch an Kreuzwegen zu treffen ist und dort Fragen stellt oder welche beantwortet.
Grandioser Ausblick. Kaum sitze ich auf der Bank läuft ein Reh direkt vor mir über die Wiese.
Begegnet einem ein Reh verweist es auf Sanft-Mut, die friedvolle Variante der durchsetzenden Kraft. Das Reh verweise darauf, seinen eigenen Weg zu gehen, eigenständig zu bleiben und beim Gehen auf sein Herz zu hören, sagen Schamanen, die die Symbolsprache der Tiere deuten.
Mein Weg führt an einem Waldfluss entlang. Es ist kühl und schattig, ich höre nur das Rauschen des Wassers.
Im Zen heißt es: Die wahre Stille liegt hinter dem Geräusch. Also nur hören.
Es wird dunkel. Meine Großmütter-Bäume wachen über mir wie die Feen im Märchenland. Als ich das erste Mal aufwache werde ich gerade von einem Glühwürmchen beäugt. Der Himmel ist voller Sterne und ein bischen später blinkt einer direkt in der Mitte zwischen den Bäumen. Ist wohl auch überrascht, hier plötzlich jemand liegen zu sehen.
Glühwürmchen – Die Begegnung mit einem Glühwürmchen fordert auf, den eigenen Entwicklungsweg zu überdenken.
Ich erwache völlig erfrischt und glücklich. Kann mich nicht satt sehen an all den unterschiedlichen Bäumen, lausche dem leisen Wehen und all den unbekannten Geräuschen.
Aufgabe im Zen: Den Unterschied zwischen Geräusch, Klang und Lärm hören. Das ist das Tor zur Stille, sagen die Meister.
Am nächsten Tag ist es megaheiß und dieser Badestelle kann ich nicht widerstehen. Warum auch?! Das Wasser ist EISkalt! Und diese Stille ist so ungewohnt für meine Ohren, dass sie manchmal zu rauschen beginnen.
Nur mal so angemerkt: sich in den Bergen zu verlaufen kann ganz schön anstrengend sein, vor allem wenn es heiß ist und das Gepäck immer schwerer wird. Höhenmeter sind keine Laufmeter … .
Sich verlaufen: vom Weg abkommen, sich verirren, die Orientierung verlieren => Wie war das nochmal mit den Glühwürmchen? Doch irgendwann hatte ich sie wieder, die Orientierung (hab immerhin allein bemerkt, dass ich mich verlaufen habe!) und wurde belohnt mit diesem grandiosen Ausblick. Und fand den „richtigen Weg“ schließlich auch. Beruhigend!
In einer Nacht schließlich kam der Regen. Und mit ihm der Nebel. Nebel, in der Sage von Avalon heißt es, wenn sich die Nebel lichten, öffnet sich dahinter eine andere Wirklichkeit. Ich sah auch Nebelwesen, die sich ganz fein und zart durch die Schlucht bewegten. Der Wind trieb sie vorwärts, seitwärts. Ein paar lugten in meine Höhle, wo ich hockte und fasziniert ihrem Treiben zusah. Dabei lauschte ich dem Wind, dem Regen und der Stille. Hoffte, nicht nass zu werden. Und gab auch das irgendwann auf. Eine solche Nacht ist zeitlos. Endlos. Und alle Sinne hellwach – selbst im Schlaf.
Zum Abschied noch ein Zeichen auf dem Weg. Sag, was mag es bedeuten. Ein halbes Herz? Ein Hufeisen? Ein vollendetes und ein sich andeutendes Tor?
Wieder zu Hause entdecke ich einen Lindenhain. Die Linde – Symbol für Liebe, Zärtlichkeit und Gastfreundschaft. Es heißt, eine Linde stimme milde, weshalb früher Gericht unter Linden gehalten wurde. Wegen ihrer herzförmigen Blätter widmeten die Germanen sie Freya, der Göttin der Liebe und des Glücks.
Entdecke den Hain da, wo ich schon tausendmal vorbei kam. Setze mich hocherfreut in den Kreis. Scheint, als zeige sich manches erst, wenn man von einer Reise zurückkehrt. Ein bisschen Alchimist steckt eben in jeder und jedem von uns … !