Neulich hörte ich diese Geschichte: In einem Mehrparteienhaus lebt ein Mann, der ständig ausrastet. Über jede Kleinigkeit rege er sich auf und gerät darüber in heftige Streitereien mit seinen Nachbarn. Selbst Sachen die ihn gar nichts angingen mache er zu seinem Thema. Damit geht er allen gehörig auf den Geist und eine ratlose Beteiligte fragt mich: „Wieso ist der bloß dauernd so außer sich?“

Ohne Mitte geht es nicht. Danke für das tolle Foto, Laurent Naville.
Auf Nachfragen erfahre ich, dass seine Wohnung im Obergeschoß vormals aus zwei Wohnungen bestand, die vor Jahren zu einer zusammengelegt wurden. Damit es in der neuen Situation nur noch eine Eingangstür gibt, wurde eine geschlossen. Und zwar die im Nordwesten. Das Treppenhaus liegt nun genau in der Mitte. Das heißt, die Wohnung läuft wie ein äußerer Ring um die Mitte, die nicht zur Wohnung gehört.
Da äußere Umstände – und die Wohnsituation ist immer ein wirkungsvoller äußerer „Umstand“ – auf Wahrnehmung und Gemütslage wirken, findet sich aus Feng Shui Sicht eine relativ einfache Erklärung
- Jede Mitte symbolisiert den Mittelpunkt der Welt. Sie steht in engem Kontakt zur inneren Mitte des Menschen und über diesen „Nabel der Welt“ verbinden sich Mensch, Erde und Kosmos. Dies ist der wahre Sitz der Kraft. Die Mitte des Raumes bzw. Grundrisses steht in direkter Verbindung zu diesem „Sitz der Kraft“. Fehlt sie in einem Zuhause, dann fehlt ein entscheidender „Kraftort“ und der Mensch kann sich nicht mit dem Größeren verbinden. Dies geschieht zwar meistens unbewußt, doch längst wissen wir ja um den Einfluss des Unbewussten auf jegliches Fühlen und Handeln.
- Der Nordwesten steht in der Lehre des Feng Shui in Innenräumen mit dem Mann des Hauses in Verbindung. Wurde, wie oben geschildert, die Tür dahin geschlossen, könnte man sagen, dass dem Mann der Zugang zu sich selbst fehlt.
- Mich hat dann noch die Frage beschäftigt: Wohin geht jemand, der „außer sich“ ist? Wo ist er dann? Nach meiner Ansicht bleibt diesem Mann quasi nichts anderes übrig, als „außer sich“ einen Punkt zu finden, an dem er „zu sich kommen“ und sich spüren kann. Dazu nutzt er die Menschen, mit denen er im Streit liegt. Denn Streit bedeutet Reibungsenergie und die erzeugt wallendes Blut, Feuer und Glut. Das ist sein Umweg, sich seiner selbst zu vergewissern.
Was könnten wir mit Feng Shui tun? Schwierig, ehrlich. Ohne echte Mitte im Raum kann nur etwas konstruiert werden. Wenn ein Umzug nicht in Frage kommt würde ich, außer ein paar Gestaltungstricks drinnen, zusammen mit dem Betroffenen außerhalb der Wohnung einen Ort finden, an dem er immer wieder zu sich kommen und seine Mitte spüren kann. Und, ohne die konkreten Gegebenheiten zu kennen, würde ich dennoch raten, die Tür im Nordwesten wieder zu öffnen und statt dessen die andere zu schließen. Dies könnte ihm einen direkteren Zugang zu sich selbst eröffnen.
Was fällt Ihnen „da draußen“ so auf? Immer her mit Anregungen oder Fragen, ich denk gern mit.