Inspiration

für Raum und Leben

Bildergeschichten, die 9.

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Fast genauso … doch niemand da, der hätte ablichten können. Darum Dank an © Luis Del Río Camacho

Nach einer Woche Waldleben bin ich frisch und erholt wieder online. Wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen, habe ich auf kleinstem Raum ein Lager aufgeschlagen, und nur mit den notwendigsten Sachen im Gepäck eine unbeschreiblich erholsame Zeit erlebt. Während meine Seele jubelt ist mein Geist frisch und mein Körper fühlt sich bis in alle Zellen lebendig.

Anders als sonst habe ich diesmal beim Nachhausekommen nicht gleich umgeräumt, sondern mich ganz still an meinen sieben Sachen erfreut. An den feinen Teeschalen, der duftigen Bettwäsche und am heißen Bad. Die Stille wirkt in mir nach, und ganz intensiv begleiten mich meine Eindrücke der zurückliegenden Zeit. Noch ist mir, als sähe und hörte ich in Doppelbildern: Das, was hier vor mir ist, wird schattengleich von dahinter liegenden Bildern und Klängen überlagert, die sich tief in mich eingegraben haben. All die Nuancen frischen Grüns mit den braunen Schattierungen des Waldbodens, das Bellen der Rehe, das Klopfen des Spechts und die absolute Stille in der Nacht.

Wieder einmal habe ich Raum auf vierlerlei Art erlebt und neu entdeckt. Den Raum in mir, den mich umgebenden Raum, den leeren Raum und den mittels Tarp künstlich geschaffenen Raum. Irgendwann fiel mir eine Passage aus einem Lieblingsbuch von Terence Conran ein: „Traumhäuser sind fast immer geräumig – wirkliche Häuser und Wohnungen dagegen sind oft klein. Ob in der Stadt oder auf dem Land, die meisten Menschen müssen früher oder später ihre Träume auf das Maß der Realität zurechtstutzen und mit weniger zurechtkommen, als sie sich eigentlich gewünscht hätten. Nun müssen Wohnungen mit begrenztem Platz keineswegs ein Negativum sein.“ Terence Conran: Kleine Räume

Ja, das kann ich bestätigen. Wohnqualität hängt nicht von der Größe des Raums ab, sondern von der Lebensqualität, die ein Raum maßgeblich mitbestimmt. Meist sind es einfache, in Form gebrachte Ideen, das bestimmte Quantum Energie und der Grad, wie weit individuelle Vorlieben berücksichtigt wurden. Eine Standardfrage aus meinem Repertore lautet darum: Wie möchten Sie sich in Ihren Räumen fühlen? Gibt der Raum es her, sich zu wandeln? Denn verändern sich die Lebensumstände (Geburt eines Kindes, Einrichten eines HomeOffice, altersgerechte Anpassungen, psychische Befindlichkeiten), verändern sich automatisch die Bedürfnisse, die ein Zuhause befriedigen soll.

So wie in dieser Zeit, in der wir (oft unfreiwillig) in den umbauten Raum verwiesen werden. Einige Menschen mussten leidvoll erfahren, dass die Adresse unter sie wohnen gar kein wirkliches Zuhause ist. Bloss wurde das von gefüllten Terminkalendern, den Anforderungen des Alltags und vom allgemeinen Rauschen überdeckt. Doch auch gut, das überhaupt zu merken – denn nur wer merkt, kann etwas ändern!

Und was soll Ihr Raum Ihnen bringen? Welche Bedürfnisse soll Ihr Zuhause erfüllen? Und wie erleb(t)en Sie Ihre Räume in diesen Tagen? Bietet er das Wohn- und Lebensgefühl, das Sie sich wünschen? Mit gutem Gefühl kann ich sagen, dass ich meine Räume als echtes Zuhause wahrnehme – auch wenn ich demnächst das weiche Bett erneut mit dem Waldboden tausche 💕🌳🌲🍀🥾🌱🌿🍂

 

24 Kommentare zu “Bildergeschichten, die 9.

  1. Hatten Sie auch Thoreux Buch „Walden oder Leben im Wald“ im Gepäck? Aber im Ernst, das interessiert mich. Gab es ein Zelt, eine Matratze, Kochgeschirr und Lebensmittel. Wie organisiert man solch eine Woche – noch dazu in dieser frühen Jahreszeit. Waren Sie allein? Und dann die Angst, gibt es keine Angst?

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    • Liebe Alraune,

      nein, Thoreaus Buch hatte ich nicht dabei – ich habe es schon gelesen und bei solchen Wanderungen kommt nur „das Nötigste“ mit.

      Denn beim Wandern ist es wichtig, auf das Gewicht des Gepäcks zu achten. Mit der Zeit habe ich mich, was das betrifft, sehr verbessert. Meistens habe ich dennoch zuviel mit, und ich kann mich jedes Mal noch optimieren.

      Was hatte ich mit? Eine Plane für das Tarp, Isomatte und Schlafsack, dazu getrocknete Lebensmittel, einen Wasserfilter, Regenzeug und warme Kleidung. Doch den Wasserfilter habe ich nicht gebraucht, denn da wo ich diesmal war, sprudelte das reine, klare, eiskalte Quellwasser und ich konnte mich so richtig satt trinken.

      Angst kommt, Angst geht – meine Erfahrung ist, sie will gesehen werden. Über die Zeit wurde sie immer kleiner und mit den Jahren habe ich gelernt, sie als Verbündete zu nehmen. Was will sie mir sagen, wovor will sie mich beschützen und wann ist es nicht Angst sondern Ur-Instinkt, der vor echter Gefahr warnt?

      Der Wald ist ja unsere frühe Heimat und da, wo noch die alten Bäume stehen, vermittelt sich das. Darum ist der Wald so kostbar, denn er erinnert uns an unsere Ursprünge und gibt ein tiefes Gefühl von Heimat, die uns im Laufe der Industrialisierung einfach fremd geworden ist. Ich fühle mich in „echten“ Wäldern sehr verbunden und da die meisten Menschen Angst haben, nachts im Wald zu sein, bin ich schon geschützt. Denn vor Tieren habe ich in unseren Breitengraden wenig Angst (ich geb’s zu, außer vor Zecken) doch die meisten sind scheu, manche bloß neugierig.

      Richtig kalt war’s nur in der ersten Nacht, doch es gibt Atemtechniken, da wird’s einem warm und ich liebe es einfach, wirklich draußen zu sein – das wiegt die Unbehaglichkeit auf. Da geht’s mir wie den Japanern, die ja früher durch die papiernen Wände sehr mit allen Jahreszeiten im Kontakt waren: Im Winter spüre ich die Kälte, im Sommer spüre ich die Hitze – so weiß ich, ich bin lebendig.

      Herzlich,
      Susanne

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      • Also, ich bin platt, liebe Susanne, wirklich – und voller Bewunderung. Der Wald ist für mich ein ganz besonderer Raum mit einer verwunschenen Atmosphäre. Schon über Tag schaue ich mit Liebe, aber auch Respekt in die dunklen Abschnitte, luge hinter Bäume und Büsche. Ich höre hier das Knacken und Knistern intensiv, lausche den Tieren und bin verbunden mit all den Schönheiten. Aber auch ein wenig Furcht mischt sich immer ein. Vielleicht, weil ich bisher so selten allein gegangen bin. Du regst mich an, dies jetzt öfter zu tun. Vielleicht als Anfang einer Reise in unbekannte Welten – und damit meine ich nicht die Sichtbaren. Danke für diese Anregung.

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      • Liebe Alraune, ich freue mich sehr, dass meine Erzählung Dich anregt, unbekannte Welten (im Wald) zu entdecken. Lieben Dank auch für diese Rückmeldung und ganz viel Freude auf dem Weg!

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  2. Mutig! So ein kleiner Raum in der großen Natur eröffnet ganz sicher neue innere und äußere Räume.
    Mir fallen dazu ganz praktische Fragen ein: Wie putze ich unter solchen Umständen meine Zähne? Müssen alle Lebensmittel für eine Woche mitgenommen werden? usw. 😉

    Liebe Grüße
    Marion

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    • Liebe Marion,

      das ist wirklich so, dass sich ganz neue Räume öffnen. Auch solche von denen man / ich gar nicht wußte, dass es sie gibt …

      Ja, und dann will ich dir auch ganz praktisch antworten: Meine Zähne putze ich im Wald mit Kokosöl, und Lebensmittel nehme ich mit. Im Wald bin ich nicht sehr hungrig, ich glaube, das drumrum nährt mich. Und im Moment wachsen leckere, frische Wildkräuter und die, die ich kenne, esse ich auch.

      In meiner Antwort an Alraune findest du mehr Details zu dem, was ich mitnehme.

      Liebe Grüße von
      Susanne

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  3. Susanne, das ist eine wunderschoene Erfahrung die du erlebt hast , mit dem Wald eins sein. Mein Herz schlaegt hoeher in Begeisterung . Du hast deine inneren Raeume erlebt und damit ein zu Hause in dir geschaffen.

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    • Liebe Cornelia,

      ja, so ist es. Ehrlich gesagt bin ich über die Reaktionen auf meinen Beitrag etwas überrascht, denn ich mache solche Waldbesuche schon lange, habe nur nicht so ausführlich drüber geschrieben.

      Im Wald und vom Wald können wir soviel lernen: Einen Standpunkt haben, Sille, einfach nur Da-Sein, Aufrichtekraft, Individuum und Gemeinschaft, wie auf „totem“ neues Leben wächst, Werden und Vergehen, Rhythmen der Jahreszeiten, und, dass alles miteinander verbunden ist …

      In schöner, bester, liebster Erinnerung hab ich auch den Yosemite, in dem ich vor vielen Jahren mit meiner Freundin Joelle eine wundervolle Zeit erlebte.

      Alles Liebe dir!
      Susanne

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      • Liebe Susanne,
        ja vielleicht sind macnhe Menschen jetzt in dieser schwierigen Zeit mehr empfaenglich, nach dem Inneren zu suchen als sich nur nach dem Auesserlichen zu orientieren.
        Ja der Yosemite ist wunderschoen, doch seit vielen Jahren so ueberfuellt mit Touristen, ich war etliche Male dort, das letzte Mal wahrscheinlich vor 25 Jahren oder so.
        Hab eine schoene Woche im Schwelgen deiner Wald Erfahrungen.
        Cornelia

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      • Ja liebe Cornelia,

        so wie jede Krise eine Chance mit sich bringt, gibt diese uns Gelegenheit, uns unserem inneren Verlangen zu nähern um das Leben zu führen, das wir uns in der Tiefe ersehnen.

        Ich habe übrigens gerade den Essay von Charles Eisenstein, die Krönung, gelesen und finde seine Einlassungen über die Krönung Corona großartig.

        Herzlich,
        Susanne

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  4. einfach nur, danke fürs erzählen…

    lg wolfgang

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  5. Hallo Susanne, spannend. Bei meiner ersten Nacht im Wald würde ich das gerne mal in kundiger Begleitung probieren. Als Stadtkind ist es mir nachts im Wald eher fremd und doch gleichsam reizvoll. Liebe Grüße, Annette

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    • Liebe Annette,

      klasse! Auf dem Weg nach Hause bin ich am Siegerland-Wald vorbei gefahren und habe mich auch ans Sauerland erinnert. Tolle Wälder, nächstes Mal kehre ich dort ein 🙂

      Ja, mit einer kundigen Begleitung im nächtlichen Wald zu verweilen ist ein guter Anfang. Früher habe ich das sogar angeboten, doch die Nachfrage war sehr gering.

      Liebe Grüße,
      Susanne

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      • Hallo Susanne,
        oh schade. Ich wüsste nicht mal, wer solche Touren überhaupt anbietet und es soll ja auch nicht zum Survival-Training ausarten 🙂 Liebe Grüße, Annette

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      • Hallo Annette,
        für mich ist das tatsächlich ein stilles, dabei sehr sinnliches „Abenteuer“ und im Moment ist mir jede Art von Trubel oder Event zuviel. Wenn es soweit ist spüre ich ein Drängen, dem ich nicht widerstehen kann oder will und dem folge ich.
        Sollte es Dir auch so gehen und Du das Gefühl haben, das eine Nacht im Wald eine unbedingte Erfahrung sein muss, sprich mich gerne an. Wer weiß, vielleicht stehen dann die Sterne günstig und wir treffen uns für eine Nacht im Wald.
        Herzlich,
        Susanne

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  6. Bis zwanzig war ich ein absoluter Waldmensch. Eigentlich war ich jeden Tag im Wald. In Berlin ist das nicht mehr so. Dein Waldmönchtum finde ich sehr bemerkenswert. So still finde ich ist der Wald nicht, weder Nachts noch am Tag.

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    • 🙂 Waldmönchtum, was für ein schöner Wortraum, danke Tom.
      Mittlerweile war ich in vielen Wäldern – in einem war es in der Nacht so tiefschwarz, dass ich nicht mehr wußte, ob überhaupt noch etwas außer mir existiert. Da bin ich sogar im Dunkeln etwas getaumelt und ohne die Schwerkraft hätte ich nicht mehr gewußt, wo oben und wo unten ist. Das war schon sehr speziell und auch existenziell.

      Diesmal war es wirklich total still, kein knistern, kein knacken, nichts, absolut nichts zu hören. Das kannte ich so auch noch nicht. Manchmal klingeln oder summen meine Ohren in der Stille, doch diesmal war auch da absolute Stille.

      So hat mir bisher jeder Wald andere Facetten gezeigt und ich freue mich, dass der Sommer kommt und ich bald … bald …

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  7. Liebe Susanne,

    vielen Dank für Dein Erzählen von Deiner Zeit im Wald. Welch wohltuende Wertschätzung und Respekt der Natur gegenüber. Ich bin von Deinen Worten berührt. Spüre Sehnsucht. Ich liebe es, draußen zu sein. Ja, ich will das auch gern machen! 🙂

    In mir sprudeln Worte .. Abenteuer, Stille, Natur, Vertrauen, Geborgenheit, Verbindung, auftanken, Begegnung mit mir, Freiheit, Reichtum, uralter Schatz, Heilung, es ist genug da/ich bin umsorgt, ankommen…
    .
    Wie gut, es gibt diesen Raum des Waldes, der Natur – neben all dem, was gerade auf der Erde passiert. Und wir können diese Welt betreten. So wie wir bewusst entscheiden können, (Energie-)Räume zu betreten, die uns stärken und aufblühen lassen, andere, die uns schwächen zu verlassen. Oder den Aufenthalt darin zu limitieren.

    Nun habe ich große Lust auf Wald, auf den nächsten Spaziergang zwischen Kiefern und Tannen! 🙂

    Danke für Deinen wundervollen Beitrag!

    Liebe Grüße
    Tanja

    Gefällt 2 Personen

    • Liebe Tanja,

      ich freue mich sehr, dass ich da etwas in Dir zum Klingen bringen durfte und Deiner Sehnsucht Nahrung geben.

      Ja, ja, ja, immer wieder ja, besuche Kiefern und Tannen in ihrem Zuhause, bestaune, streichel, lausche, rieche, schau Dich satt.

      Jeder Wald ist kostbar, jeder Wald ist entsprechend des Landstrichs ganz individuell, genau wie wir Norddeutschen, Süddeutschen, Mitteldeutschen, Ostdeutschen, und es gibt immer Neues zu entdecken – innen und außen ….

      Ich freu mich!
      Liebe Grüße
      Susanne

      Gefällt 1 Person

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